Ebenso wie die Familie an sich die kleinste und wichtigste Unterordnung unserer Gesellschaft ist, so sind Familienunternehmen die Stützpfeiler unseres Mittelstandes und oft auch der örtlichen Nahversorgung. Leider leiden Familienunternehmen zunehmend an den gleichen Problemen. Viele der über Generationen Inhaber geführten Unternehmen, haben einen ganz eigenen Geist – oft besteht dieser aus dem vermeintlichen Weisheiten und Ethikregeln des “Gründers” bzw. der “Gründerin”. Mit steigendem Alter der Unternehmen besteht daher die Gefahr, das wichtige Veränderungen als unnütz und zu modern erachtet werden. Aus Tradition kommt es nun zu Entscheidungen, die klar den eigenen Markt, Mitbewerber und Kundenverhalten ignorieren. Die Folge: Wachstum wird verlangsamt oder sogar komplett zum erliegen gebracht.
Totschlagargumente wie “Das war schon immer so” oder “Das sind nicht WIR” stehen auf der Tagesordnung. Die alten Dienstherren/innen klammern sich verzweifelt an “guten Tagen” fest – Folge: Es gibt bis zum Tod des Firmenoberhauptes auch meist keine Nachfolgeregelung, denn wer will denn schon über den eigenen Tod nachdenken. “Es muss weitergehen”
Die Jugend lernt also nie zu Führen oder Entscheidungen zu treffen – Mama oder Papa haben ja eh das letzte Wort. Paradoxerweise wird in Familiensitzungen allzu oft darauf gepocht, dass Tochter/Sohn ja mit der “Muttermilch” gelernt hätten und es eigentlich besser wissen müssten. Die Situationen sind festgefahren und die Rolle “Eltern -Kind” erschwert in vielen Fällen Kommunikation und effektives Arbeiten.
KMU Planspiel:
“Eisdiele Familienstreit”
Ausgangssituation: Familienunternehmen mit dem Schwerpunkt “Speiseeisherstellung”, seit einigen Jahren sinkt der Umsatz stetig obwohl die Temperaturen eigentlich zum Verzehr einladen müssten. Das Oberhaupt und Kopf der Familie ist die Mutter Valeria, sie hat das “Eismachen” von Ihrem Vater in selbiger Unternehmung gelernt und später den langjährigen Kellner Frank geheiratet, in welchen Sie sich unsterblich verliebte. Zusammen haben Valeria und Frank zwei Kinder, einen Sohn Matthias und eine Tochter Laura. Laura arbeitet wie schon die Mama ihr Leben lang mit im Unternehmen, neben der Anstellung hat Sie verschiedene Lehrgänge besucht um den Eltern bei Buchhaltung und Marketing helfen zu können – aber nie eine Ausbildung abgeschlossen oder sich regelmäßig informiert. Der Sohn Matthias, arbeitet nicht im Unternehmen, er studierte Chemie und ist in fester Anstellung bei einer Lebensmittelfabrik in der Nachbarstadt. An einem Feiertag trifft die Familie zusammen und natürlich ist die Firma und die drohende Schieflage, Hauptthema des Abends.
Laura: Mama, es gab noch kein Geld, ich benötige es aber für neue Schulbücher von Linus (Enkel).
Mutter: Du weißt doch die Gäste bleiben aus und Milch und Früchte werden immer teurer. Wir müssen gerade alles mit wenige auskommen.
Laura: Dann müssen wir eben mehr Werbung machen oder einen Lieferdienst einführen.
Mutter: Laura, du weißt doch, dein Großvater war immer gegen Lieferungen, das Eis ist dann nicht mehr frisch und wir bürgen mit unserem Namen.
Laura: Wie wäre es dann mit einer Webseite, Menschen finden vielleicht einfach nicht zu uns.
Mutter: Schaust du ins Internet wenn du ein Brot kaufen willst? Jeder sieht doch von weitem unser Schild.
Matthias: Mutter, die Menschen haben sich verändert, du musst mit der Zeit gehen. Viele nehmen sich keine Zeit mehr, sondern kaufen ein Eis schnell beim Discounter um die Ecke. Vielleicht sollten wir uns einmal eure Kostenstrukturen ansehen um zu schauen, wo ein Optimierungsbedarf herrscht. Vielleicht können wir durch einen verbesserten Einkauf eure Rentabilität erhöhen. Eine Umstellung auf “UTD – Standard” (Fiktiver Name) ist laut der neuen Lebensmittelverordnung sowieso zwingend erforderlich.
Mutter & Laura: Quatsch Matthias, den Einkauf kann man nicht optimieren und die Verordnung betrifft uns nicht – wir machen Eis, da gelten andere Regeln.
Matthias: Eis ist ein sensibles Lebensmittel, bei dem Milch und Ei verarbeitet wird, genau da greift diese neue Verordnung. Habt Ihr die Verordnung gelesen oder euch informiert? Ich kann euch gerne Informationsmaterial bringen.
Mutter: Die brauche ich nicht lesen, das hat mit Maria erzählt und Ihr Mann verkauft schon seit Jahren Ersatzteile für große Maschinen, der muss es ja wissen. Wir erhöhen den Preis um 20 ct und verkaufen eben 2 Eissorten weniger. Ende der Diskussion
Planspielaufgaben:
Aufgabe 1: Versuchen Sie aus der Sichtweise des Sohnes, zu argumentieren warum das Unternehmen weiter bestehen muss und was Ihre Fehler sind. Versuchen Sie ebenfalls Gegenargumente aus der Sicht der Mutter zu erarbeiten, welche als Sie nutzen um keine Hilfe/Beratung anzunehmen.
Aufgabe 2: Versuchen Sie aus der Sicht eines Beraters eine mögliche Kurzanalyse in Form einer kleinen Präsentation (ca. 10 min) zu erarbeiten, in der Sie die Hauptprobleme und mögliche Chancen und Risiken aufzeigen.
Aufgabe 3: Erarbeiten Sie ein Model für die Unternehmensnachfolgeregelung mit Zeitplan für die nächsten 3-5 Jahre. Gehen Sie hierbei auf die Frage ein: Wie kann das Familienunternehmen für die Zukunft gestärkt, die Familienmitglieder weitergebildet und die Mutter dennoch eingebunden werden?
Moderationsanleitung:
Dilemma: Innere familiäre Machtkämpfe und Rollen verhindern, dass Matthias sein Branchenwissen mit in die Familienunternehmung bringen kann. Kinder bleiben Kinder in den Augen der Eltern – ein fataler Schritt wenn es darum geht, dass alle von einer Einkommensquelle Leben müssen. Die Verantwortung ist riesig und allzu oft wird anstatt erneuert, resigniert und das Geschäft aufgegeben.
Nur selten kümmern sich Unternehmer zu Lebzeiten schon ausgiebig um Ihre Nachfolge. Der Nachwuchs wird nicht ausgebildet, richtig gefördert. Es folgt Frust auf der Seite der nächsten Generation
“Aber ich kann das besser, wenn ich die Zügel in die Hand nehmen würde, dann wäre hier alles anders”
Meist ist dies eine katastrophale Fehleinschätzung, denn unbemerkt werden alte Muster kopiert oder auf “Alteingesessene” vertraut. Dies passiert in unserem Beispiel auch bei Laura, die am Ende lieber gegen den Bruder argumentiert um Ihre eigene Position als Nachfolgerin bei der Mutter zu stärken. Können Ihre Teilnehmer Sie das Familienunternehmen auf den richtigen Kurs bringen?
Zu Beginn liest der Moderator das Szenario vor oder teilt es an die Teilnehmer aus. Danach werden die Gruppen eingeteilt. Die Gruppengrößen sind dabei frei Wählbar – benötigt werden neben einem Laptop pro Gruppe – mindestens 2 Personen (Mutter und Sohn/externer Berater). Übrige Teilnehmer können entweder in weitere Gruppen eingeteilt werden oder sich entscheiden ob Sie die Rolle die übrigen Familienmitglieder oder eines weiteren Beraters einnehmen wollen.
Bearbeitet werden dürfen die Aufgaben selbstverständlich zusammen. Pro Aufgabe sind mindestens 30 min Beratungszeit vorgesehen. Sollte ein Beamer und eine Leinwand vorhanden sein können die Präsentationen als Folien aufgearbeitet werden ansonsten auch frei oder in Form von Flipcharts.
Nach der Hälfte der Beratungszeit der Aufgabe 3, nehmen Sie einen plötzlichen Szenarienwechsel vor (Bearbeitungszeit wird neu gestartet)
- Möglichkeit A: Die Mutter stirbt plötzlich – daher muss nun kurzfristig der Wechsel passieren oder geschlossen werden.
- Möglichkeit B: Die Preise für Rohstoffe steigen weiter, daher möchte die Mutter das Geschäft schließen – Welchen Rat würden Sie erteilen?
Zum Schluss ist es wichtig den Teilnehmern nochmal einen kurzen Überblick über die Ausgangssituation und die vorgeschlagenen Lösungswege zu geben. Wurde das Szenario erfolgreich gelöst? Konnten Arbeitsplätze erhalten werden? Wo lagen die Hindernisse für die Familie? Welche Rolle spielt die Mutter nach einem Führungswechsel?
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